Erlebnis Albula - ein bahntechnisches Meisterwerk

CHUR-REICHENAU-THUSIS-FILISUR-BERGÜN-ALBULA-SAMEDAN-ST.MORITZ-(TIRANO)

Noch heute zählt die 62 Kilometer lange Albulalinie zu einer Meisterleistung in Sachen Bahntechnik und Linienführung. Auf der gut zweistündigen Fahrt von Chur nach St. Moritz werden über 1000 Höhenmeter überwunden und dies ohne Zahnrad. Dabei führt die Reise über die höchste Brücke der RhB, das Solisviadukt. Ein weiteres Highlight ist neben den Kehrtunnels natürlich die Überfahrt des weltbekannten Landwasserviadukts. Also alles Einsteigen und los geht diese faszinierende Bahnfahrt...

Eine RhB Komposition wartet an diesem herrlichen Sommertag in Chur auf die Fahrgäste
Eine RhB Komposition wartet an diesem herrlichen Sommertag in Chur auf die Fahrgäste

940, Chur-Thusis-Filisur-Albula-Samedan-St.Moritz

Diese abwechslungsreiche Bahnfahrt nimmt ihren Anfang in der Hauptstadt des Kantons Graubünden. Im Bahnhof von Chur trifft die Arosa Linie, die RhB Bahnstrecke Chur-Landquart-Klosters, die SBB Linie Chur-Landquart-Zürich und die Albulalinie aufeinander. Daneben ist Chur auch Ausgangspunkt von unzähligen PostAuto Linien, welche in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen. Stündlich wartet am westlichen Teil des Bahnhofes eine moderne Zugskomposition der RhB auf die Fahrgäste. In zwei Stunden bringt diese Einheimische, 

Einfahrt in Reichenau-Tamins
Einfahrt in Reichenau-Tamins

Pendler und Touristen aller Welt durch das Albulatal ins Oberengadin nach St. Moritz. Doch der Reihe nach. Die Reise führt zuerst aus Chur hinaus durch das Industriegebiet von Domat/Ems. Vorbei am Werkareal der Ems-Chemie gelangt der Zug wenig später nach Reichenau-Tamins. Mithilfe der Hinterrheinbrücke wird der gleichnamige Fluss überquert. Hier gabelt sich die Strecke nach Disentis/Mustér (920) und Thusis-St.Moritz. Der Zug entscheidet sich für die letztere Variante und erreicht über die Ortschaften Bonaduz und Rhäzüns wenig später den Bahnhof von Thusis.

Eine Allegra Komposition hat Thusis erreicht
Eine Allegra Komposition hat Thusis erreicht

Hier beginnt offiziell die 61 Kilometer lange Albula-Linie, welche zusammen mit der Bernina Bahn seit 2008 zum UNESCO Welterbe gehört. Kurz nach der Abfahrt wird der Hinterrhein sowie die Autobahn A13, welche beide in Richtung San Bernardino (90.171) führen, überquert und der Zug tritt in die Schinschlucht ein. Kurz nach der Station Solis steht bereits ein erstes Highlight an, die Überfahrt des Soliser Viadukts. In 89 Metern Höhe wird der Albula Fluss mit der höchsten Brücke auf dem Streckennetz der RhB ein erstes Mal überquert. 

 

Ein herrlicher Blick auf das weltbekannte Landwasserviadukt
Ein herrlicher Blick auf das weltbekannte Landwasserviadukt

Die Reise führt nun weiter nach Tiefencastel. Hier zweigt die Julierpassstrasse (90.182), welche im Gegensatz zum Albulapass gut ausgebaut und das ganze Jahr über geöffnet ist, in Richtung Oberengadin ab. Der rote RhB Zug bleibt jedoch dem Albula-Tal treu und rollt weiter zum Haltepunkt Alvaneu. Gleich im Anschluss folgt das wohl bekannteste Bauwerk der Rhätischen Bahn - das Landwasserviadukt. In einem Kreisbogen überspannt das 65 Meter Hohe Viadukt das gleichnamige Gewässer und mündet in der gegenüberliegenden Felswand direkt in einen Tunnel. 

Einfahrt in Filisur
Einfahrt in Filisur

Kurze Zeit später erreicht die Zugskomposition den Bahnhof Filisur. Von hier aus führt eine Zubringerstrecke nach Davos (915). Während den Sommermonaten kommt auf dieser Nebenlinie täglich historisches Rollmaterial, gezogen vom legendären RhB Krokodil Ge 6/6, zum Einsatz. (Reise 232 - Die nostalgische Graubünden Rundfahrt) Doch zurück zur eigentlichen Reise. Nach einem kurzen Aufenthalt geht die Fahrt weiter nach Bergün. Um die Höhendifferenz von knapp 300 Höhenmeter überwinden zu können, ist ein erstes Kehrtunnel nötig. 

Eine neu lackierte Ge 4/4 III zieht den Regionalzug in den Bahnhof von Bergün
Eine neu lackierte Ge 4/4 III zieht den Regionalzug in den Bahnhof von Bergün

Als man 1898 mit dem Bau der Albula-Bahn begann, wurde die Trassierung noch komplett auf einen Dampflokbetrieb ausgelegt. Um mit den damaligen nicht sehr leistungsfähigen Dampfloks eine einigermassen hohe Geschwindigkeit erreichen zu können, wurde die Steigung auf maximal 35 Promille begrenzt und die Kurvenradien sehr grosszügig angelegt. Ein solcher Baustil erfordert eine Vielzahl von Kunstbauten, welche die Albulalinie so einzigartig machen. Kurze Zeit später fährt der Zug im Bahndorf Bergün ein. 

Der Alvra Gliederzug hat das Bahndorf Bergün verlassen
Der Alvra Gliederzug hat das Bahndorf Bergün verlassen

Im beliebten Ferienort befindet sich auch das Bahnmuseum Albula. Den Besuchern wird mit 600 Ausstellungsobjekten die über 100 Jährige Geschichte der Bündner Bergbahn nähergebracht. Ohne viel Zeit zu verlieren, nimmt die Zugskomposition den bahntechnisch anspruchsvollsten Abschnitt hinauf nach Preda in Angriff. Damit die Höhendifferenz von 417 Metern bewältigt werden kann, ohne dass grössere Steigungen oder Radien nötig sind, wurde die Strecke von 6.5 km Luftlinie durch Kunstbauten auf zwölf Kilometern verlängert. 

Insgesammt vier mal wird die Talseite gewechselt
Insgesammt vier mal wird die Talseite gewechselt

Dies geschieht mit Hilfe von drei Spiraltunnels, zwei Kehrtunnels, vier talquerenden Viadukten sowie einer grossen Anzahl Brücken, welche das Eisenbahntrasse wie bei einer Schraube nach oben dreht. Eine bahntechnische Meisterleistung ! So schlängelt sich die rote RhB-Zugskomposition wie im Eröffnungsjahr 1903 das malerische Albulatal hoch. Neben der Eisenbahn schmiegt sich auch die schmale Albulapassstrasse durch die Landschaft. Während den Wintermonaten ist die Passtrasse übrigens geschlossen und dient als beliebte Schlittelpiste. 

Die Albulastrecke ist geprägt von etlichen, eindrücklichen Kunstbauten
Die Albulastrecke ist geprägt von etlichen, eindrücklichen Kunstbauten

Zwischen Chur und St. Moritz verkehren die RegioExpress Züge das ganze Jahr über im Stundentakt. Zum Einsatz kommen seit einigen Jahren moderne Alvra-Gliederzüge vom Schweizer Hersteller Stadler Rail. Daneben wird die Albulalinie auch von den beiden weltbekannten Panorama Zügen, dem Glacier- und dem Bernina Express befahren. Nach rund 1 ½ Stunden Fahrzeit trifft der Zug am nördlichen Tunnelportal in Preda ein. Von hier aus führt der 5`865 Meterlange Albulatunnel und somit das Herzstück der Linie, hinüber ins Engadin. 

 

Mit einer letzten Kurve windet sich der IR nach Spinas hoch
Mit einer letzten Kurve windet sich der IR nach Spinas hoch

Sobald der Gegenzug abgewartet wurde, kann die Reise weitergehen. Der auf 1`820 Meter über Meer liegende Tunnel ist der zweithöchste Alpendurchstich der Schweiz. Dementsprechend schwierig gestaltete sich seinerzeit der Bau. Aussergewöhnliche Probleme wie einbrechendes Wasser führten sogar zum Konkurs der Bauunternehmung. Trotz allem erfolgte 1902 der Durchschlag der beiden Richtstollen. Nur ein Jahr später, am 1. Juli 1903 wurde die Albula-Linie nur bis Celerina eröffnet, da man sich mit St.Moritz noch nicht für einen Standort des zukünftigen Bahnhofes einigen konnte. 

Die RTS Werbelock zieht den Zug durchs wunderschöne Val Bever
Die RTS Werbelock zieht den Zug durchs wunderschöne Val Bever

Über 100 Jahre später fuhren am Albula erneut die Tunnelbohrmaschinen auf. Grund dafür war, das die RhB 2009 sich für einen Neubau entschied. Zwar kommt der neue Tunnel um einiges teurer als die Instandsetzung des alten, jedoch überwiegen die Vorteile in punkto Sicherheit, Terminplanung und Bautechnik. Der neue Tunnel soll voraussichtlich 2024 in Betrieb gehen. Nach nur sechs Minuten Fahrzeit kommt der Zug wieder ans Tageslicht und erreicht die Haltestelle Spinas. Im Anschluss führt das Eisenbahntrasse mit einem Gefälle

Einfahrt am Bahnhof von Samedan
Einfahrt am Bahnhof von Samedan

von bis zu 32 Promille das Val Bever hinunter zum gleichnamigen Ort. Hier mündet die Engadinerlinie (960) aus Scuol-Zernez-Zuoz ein. Kurze Zeit später erreicht der Zug den Bahnhof von Samedan. Die Ortschaft bildet eine wichtige Drehscheibe im Schienen- und Strassenverkehr. So gabeln sich hier auch die Eisenbahnstrecken nach Pontresina und St. Moritz. Der RegioExpress von Chur entscheidet sich für die letztere Variante und tuckert nach Celerina. Schliesslich ist es nicht mehr weit bis zum Endpunkt der Albulalinie, St. Moritz.

St. Moritz, seit 1904 enden hier die Gleise der Rhätischen Bahn
St. Moritz, seit 1904 enden hier die Gleise der Rhätischen Bahn

Eigentlich wäre geplant gewesen die Strecke weiter über den Malojapass durchs Bergell bis nach Chiavenna zu verlängern (90.604). Aus diesem Grund wurde der Bahnhof von St.Moritz auch als Durchgangsbahnhof angelegt. Schliesslich fiel dieses Eisenbahnprojekt, wie so einige andere auch, dem Ersten Weltkrieg und der darauffolgende Wirtschaftskrise zum Opfer. So enden seither die Gleise der Rhätischen Bahn auf 1`775 Metern im Kopfbahnhof von St.Moritz. Wer nun noch nicht genug hat, kann von hier aus mit der Bernina Bahn (950) weiter über den Berninapass nach Tirano reisen.

anschlusslinien

950, St.Moritz-Pontresina-Bernina-Poschiavo-Tirano
90.604,  St.Moritz-Maloja-Chiavenna

90.182, St.Moritz-Julierpass-Lenzerheide-Chur


Last Update: 19.11.2024
Zuletzt gereist: 14.08.2023